Der gesamtwirtschaftliche Schaden aus der schwachen Mitarbeiterbindung, hohen Fehlzeiten und niedriger Produktivität beziffert das Institut auf jährlich rund 220 Milliarden EURO. Diese Zahl entspricht fast dem gesamten Bundeshaushalt für 2003 (2,46,3 Mrd. €).
Steigen wir etwas tiefer in die Untersuchung ein, entdecken wir, dass das Engagement von regionalen und geschlechtlichen Aspekten beeinflusst wird:
Das Engagement aller befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ostdeutschland liegt bei 11%, in Westdeutschland bei 16%.
In beiden Regionen zusammen sind Männer mit ebenfalls 11% geringer engagiert, als Frauen mit immerhin 19%.
Die wichtigsten Gründe liegen - so wenig wir das hören mögen - im Management.
Arbeitnehmer geben unter anderem an, dass sie nicht wissen, was von ihnen genau erwartet wird und dass ihre Vorgesetzten sich nicht für sie als Menschen interessieren. Außerdem müssten Mitarbeiter häufig eine Arbeit machen, eine Position ausfüllen, die ihnen nicht liege. Ihre Meinungen und Ansichten würden nicht oder kaum berücksichtigt.
Aber auch die Betriebszugehörigkeit spielt eine Rolle.
Überraschend muss auch festgestellt werden, dass die Identifikation mit der Betriebszugehörigkeit nachlässt: Je länger eine Mitarbeiterin / ein Mitarbeiter im Unternehmen ist, desto weniger engagiert ist sie / er.
Aber wir können abhelfen:
Damit wir uns richtig verstehen:
Gelegentliche Grillfeste und Betriebsausflüge motivieren die Mitarbeiter nicht. Auch, was ich selbst erlebt habe, ein Chef, der einmal in der Woche mit einer Schachtel "mon cherié" durch die Firma läuft und den Inhalt an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verteilt, hebt die Arbeitsfreude nicht automatisch.
Lohnerhöhungen motivieren nur bedingt und über kürzeren Zeitraum. Dann wird das Mehr in der Lohntüte, wenn es wegen Lohnsteuer und Sozialabzügen überhaupt noch als "mehr" erkannt wird, wieder ganz selbstverständlich und in den individuellen Lebenshaltungskosten "verarbeitet".
Mit Ihnen als Chefinnen und Chefs zusammen können wir die Mitarbeiter neu motivieren:
Dazu ist in erster Linie nötig, dass wir gemeinsam die Stärken und Schwächen der Mitarbeiter erkennen. Danach ist ein Umdenken sowohl bei den Chefs als auch, was sicher sehr viel schwieriger ist, bei den Mitarbeitern notwendig. Vom Befehlshaber zum Teamleiter, vom Befehlsempfänger zum Mitarbeiter mit Kopf und Hand. Verantwortung abzugeben und Verantwortung zu übernehmen, will geübt, gelernt und beibehalten sein.
Dabei soll keineswegs Schlendrian einziehen, unkontrolliertes Arbeiten oder gar "Jeder macht Seins". Sondern Verantwortung heißt eben gerade: Ziele und Wege abstimmen, sie vereinbaren, Leistungen kontrollieren und Abweichungen analysieren.
Ob nun die Leistung noch im Einzelnen besonders durch Prämien oder Leistungslohn gewürdigt wird, ist am Anfang nicht ganz so wichtig.
Wichtiger ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Positionen von ihren direkten Vorgesetzten und von der Geschäftsleitung als mit am Unternehmenserfolg arbeitende Menschen erkannt und eingesetzt werden.
Zufriedenheit mit dem eigenen Arbeitsplatz, mit der selbst erbrachten Leistung und echte Anerkennung durch den Vorgesetzten und den Chef sind die eigentlichen Motoren für dauerhaft gute Leistung. Die echte Anerkennung schließt auch ganz selbstverständlich echte Kritik ein, wenn einmal etwas falsch gelaufen ist.
Wenn die Chefin, der Chef "auf Sammetpfoten" durch das Unternehmen gehen und sich nicht trauen, auch mal ihren Gefühlen (kontrolliert selbstverständlich) Ausdruck zu geben, ist das genau so wenig motivierend, wie das Gegenteil, ein Chef mit dem Motto: Wenn ich nicht tadle, lobe ich bereits.
Ist diese erste Stufe, der menschliche Umgang mit einander, geschafft, kann die zweite Ebene erobert werden: Die Leistungsgerechte Entlohnung.
Diese Ebene ist, weil sie direkt sowohl das Einkommen der Mitarbeiter als auch die Kosten des Unternehmens beeinflusst, noch schwieriger, als die Verhaltensänderung der Stufe eins. Und sie ist sehr von den Eigentümlichkeiten des Unternehmens abhängig.
Deshalb kann an dieser Stelle nur auf den hohen Motivationseffekt der Leistungsbezogenen variablen Entlohnung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (auch der Buchhaltung und der allgemeinen Verwaltung, auch der Kantine) hingewiesen werden. Individuelle Lösungen sind aber mit entsprechendem Aufwand immer möglich.
Die dritte Ebene, die "Königsebene" ist die wie auch immer gestaltete Teilhabe von Mitarbeitern an der Firma. Wir wissen alle, dass mit dem Eigenen besser umgegangen wird als mit Fremdem, mit dem eigenen Auto besser als mit dem Firmenwagen, mit den eigenen vier Wänden besser als mit dem Hotelzimmer.
Wenn wir es also schaffen, der Mitarbeiterin, dem Mitarbeiter das Selbstverständnis des Miteigentums am Unternehmen zu vermitteln, haben wir die höchste Stufe der Motivation erreicht und ... eventuell ... ein hoffentlich noch fernes Thema bereits in Ansätzen angepackt: Die Generationenfolge im Unternehmen.
Denn der Übergang vom Unternehmen auf die nächste Generation (nicht immer den eigenen Nachwuchs) ist ein Baustein der unternehmerischen Altersvorsorge, vielleicht sogar der einzige.
Hofheim, im September 2003 / hx